Booksmart (R: Olivia Wilde, USA 2019)

Positives

Die ruhigen Momente der frühmorgendlichen Meditation sind schnell verflogen. Aus ihrem Schrein der Inspiration tanzt sich Molly (Beanie Feldstein) in die letzten Takte ihrer High-School-Tage. Sie und ihre Freundin Amy (Kaitlyn Dever) haben große Ziele. Sie möchten so richtig Karriere machen! Michelle Obama und Ruth Bader Ginsburg sind Idole, denen es gleichgetan werden soll. Um in ihren Ambitionen nicht gestört zu werden, haben sie sich streng diszipliniert. Partys, lange Nächte und Eskapaden waren tabu. Eine Unterhaltung auf der Schultoilette führt bei Amy dazu, ihre eigens auferlegten Prinzipien zu hinterfragen. Klassenkameraden, die so überhaupt nicht auf jugendliche Ausgelassenheit verzichten, haben nach ihrem Abschluss exakt die gleichen Zukunftsperspektiven. War die Enthaltsamkeit also absolut unnötig? Eine exzessive Party muss gefeiert werden. Den Musterschülerinnen bleibt eine Nacht, um Versäumnisse ihrer Schulzeit nachzuholen!

Dementsprechend rasant prescht Olivia Wildes Komödie durch diverse Partystationen. Lockere Sprüche werden am laufenden Band zwischen Figuren ausgetauscht, sodass sich absolut keine Langeweile einstellt. Der Film führt das Publikum durch eine kurzweilige Coming-Of-Age-Geschichte. Anstatt sich dem schwierigen Übergang zwischen Jugend- und Erwachsenenalter zu widmen, sind die Karten neu gemischt. Zurück zum Infantilen! Unvermeidbar, dass die humoristische Klaviatur etwas derber ausfällt. Die Beteiligten wissen es schauspielerisch, das Tempo des Drehbuchs einzufangen. Mienenspiel, Timing und Deliveryvertrösten auch über schwächere Momente hinweg. 

Die Schulgemeinschaft wird als harmonisch dargestellt. Amy und Molly sind Außenseiter, werden allerdings aufgrund ihrer engagierten Einstellung nicht zum Ziel von offen ausgelebtem Hohn und Spott. Es wird vermittelt, dass Professionalität nicht unbedingt mit einer Abschottung gegenüber anderer Bereiche des Lebens einhergehen muss.

Der Vergleich zu Superbad, den viele Besprechungen ziehen, bietet sich in der Tat an. Ergründet wird nun die weibliche Perspektive des Hormoncocktails. Milder und gefühlvoller wird er nicht allzu oft serviert. Es bleibt abzuwarten, ob mehr Bars ihre Karten erweitern.

Negatives

Perspektivenwechsel bewahren nicht vor Stereotypen! High-School-Filme versuchen einen Querschnitt der jugendlichen Gesellschaft abzubilden. Denkprozesse gestalteten sich in ihr des Öfteren deutlich schematischer. Die Mitschüler lassen sich geschuldet der Zielgruppe in bekannte Raster des vorgefertigten Katalogs einordnen. Olivia Wilde möchte unbedingt aus der etablierten Filmsparte herausbrechen, nur um das Vertraute mit aufdringlichem Musikeinsatz noch drastischer in den Mittelpunkt zu rücken.

Variationen treten nicht auf. Das Subversive geht zugunsten der Kapitulation vor der eigenen Genregeschichte unter. Figuren tauchen wahllos überraschend in den verschiedenen Zwischenstopps Mollys und Amys auf. Sie werden verstärkt auf Running Gags reduziert. Mit jedem erneuten Auftritt steigt die Radikalität, mit der die bekannten Eigenschaften der Charaktere vermittelt werden. Höher, schneller, weiter! Bis zur konservativen Abschlussfeier begleiten wir diese Klasse von 2019 gemäß dieses bekannten Mottos. Mollys und Amys Haltung hat gewonnen, nur mussten sie vorher verlieren. Der Kater stellt sich erst mit Verzögerung ein. Der Rausch verzerrt die Wahrnehmung. 

Fazit

Booksmart schießt aus dem Startblock, reißt vor Überquerung der Ziellinie jedoch die Hürden um. Olivia Wildes Spielfilmdebüt übersteht man ohne große Verletzungen. Man entgeht allerdings nicht der Vorstellung, welche Bestzeit sich angebahnt hätte, wenn notwendige Sprünge gewagt worden wären. Ein Disziplinwechsel zum 100m-Sprint sei nahegelegt. Bullies, die über die Missgeschicke lachen, gibt es bemerkenswerterweise keine. Die Highschool war selten so harmonisch.

Marco Busselmaier

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